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Segeln im August 2020 - SY Tongji

Nach etlichen Tagen vor Anker in Cascais habe ich beschlossen bereits weit genug nach Süden gesegelt zu sein. Eigentlich dachte ich weiter nach Madeira oder erneut zu den Kanaren zu segeln und dort über Winter zu bleiben. Es wäre super Wind jetzt weiter nach Süden, denn hier sind jetzt eigentlich immer Winde aus nördlicher Richtung. Genug Verpflegung ist ja an Bord, nur Marina wird erst ab Februar mehr Zeit haben. Im Moment sind nur mal 1-2 Wochen drin und dafür das Fliegen in Corona Zeiten mit anschließender Quarantäne? Wer weiß was mit der zweiten Corona-Welle wird oder gar wieder Einreisesperren. Die ersten Warnungen innerhalb Europas gibt es schon wieder. Daheim ist inzwischen auch einiges passiert, es wartet Arbeit auf mich, welche ich nicht verschieben möchte. Letztlich sind es auch die vielen Gartenbilder, welche Marina mir ständig sendet. Fotos mit Eis und frischen Brombeeren, Himbeeren, Erdbeeren aus dem Garten. Brokkoli, ..., Auberginen, Tomaten und Paprika verarbeitet zu leckeren Speisen (Überschuss in die Gefriertruhe). Dazu backt sie ständig Kuchen und sendet mir diese leckeren Anblicke. Auch nicht ganz fair, wo doch so langsam die frischen Lebensmittel an Bord rar werden und das Wasser per Entsalzer gewonnen wird, während zu Hause nur der Hahn aufgedreht werden braucht, um die Früchte im Garten zu wässern. Ja, sie weiß schon, wie sie es macht. Dabei darf ich froh sein, eine solche Frau zu haben, welche mich mal eben Monate Segeln lässt. Alles zusammen und da mein Ziel in diesem Corona-Jahr das Segeln und der nächste Ankerplatz sind, habe ich beschlossen, wieder zurück zu segeln. An Portugals Küste wieder nordwärts zu segeln ist natürlich eine kleine Herausforderung, denn im Sommer herrscht an der Westküste meist konstanter Nordwind und eine Oberflächenströmung setzt nach Süden. Im Jahr 2018, von den Kanaren kommend, versuchten wir es eher an der Küste mit Kreuzen und Landwind. In diesem Jahr werde ich so weit wie nötig nach Nordwesten segeln und dann gleich über die Biscaya nach England. (Den Nordwind vor Portugal und Kap Finisterre umsegeln und auch weiter westlich die Biscaya queren, da Biscaya auch oft Nord- bzw. Nordwestwind.)
In Cascais den Anker aufgeholt, segelte ich am Kap Raso zunächst bei reichlich Wind (Kapeffekt) mit stark gerefften Segeln. Der Kurs war eher West statt Nordwest, was mir gar nicht schmeckte. Aber die Strömung setzte nun mal auch südwärts. Ein weiterer mit mir aufgebrochener Segler versuchte es dicht an Land mit Motorkraft. Als ich wegen des Verkehrstrennungsgebietes Richtung Land kreuzen musste war der Segler noch nicht auf meiner Höhe. Zurück auf meinem WNW-Kurs passierte ich das Trennungsgebiet im Norden und ab jetzt ging es nur noch nach West bis Nordwest. Der Kurs besserte sich zusehends auf Nordwest.
Plötzlich ein fürchterlicher kräftiger dumpfer Schlag am Bug und ich erblickte einen größeren Balken im Wasser. Na toll, vor Jahren in Norwegen ein Baum und Paletten im Wasser. Auf der Ostsee mal etliche kleinere Baumstämme (verloren vom Frachter). Dies jetzt kurz vor der Nacht, beruhigt nicht gerade. Ein Blick in die Bilge und nach etlichem Geräume in den Bugfächern ging es dennoch einigermaßen ruhig weiter.
Den NW-Kurs segelte ich bis 41°46,5N 015°00,5E (rund 280 sm vor der Küste) wo ich NW-Wind erreichte. Die Wetterprognose, geholt über Iridium-Satellitentelefon, sagte mir auch, dass es jetzt Zeit für den Kurswechsel ist. Vor ein paar Tagen war noch richtig viel Wind auf der Biscaya und ich wollte nach dem Durchzug des Windes weit im Westen nordwärts segeln, nur jetzt war es höchste Zeit doch weiter Richtung Biscaya zu segeln, denn im Süden Irlands sah das Wetter in wenigen Tagen gar nicht gut aus. Neuer Kurs Nordost, fast Richtung Brest, was knapp 600 sm vor mir lag. Das Segeln war angenehm, völlig ungestört, solange ich weit genug im Westen war. Kaum kam ich dem Trennungsgebiet vor Brest näher schlug meine Radarzonenüberwachung Alarm. Ein Frachtschiff nach dem anderen Schiff kam in meine Alarmzone. Dazu noch Regenechos auf dem Radar und kaum auf dem Ärmelkanal kamen auch noch die Fischer hinzu. An Schlaf ist hier nicht mehr zu denken, zumal im Regen auch meist Segelarbeit anfällt. Letztlich verlor der Wind seine Kraft und ich dümpelte inmitten von Fischern. Hier überlegt man ernsthaft, was besser ist: Zu viel oder kein Wind. Auch das Angeln konnte mich nicht recht ablenken, ich wollte weiter, zumal ich inzwischen dank des Verkehrs im Ärmelkanal übermüdet war. Der Wind hatte dann auch mal ein Einsehen, nur dass es mit reichlich Regen verbunden war. Bis zur Isle of Wight durfte ich noch etliche Male die Segel reffen, da einfach zu viel Wind kam. Danach dann erneut volles Tuch. Ich errechnete mir die Strömung bei den Needless, der Einfahrt bei der Isle of Wight. Ich musste mich sputen, denn dort wollte ich mit der Strömung durch oder sollte lieber warten. Ich schaffte es fast in letzter Minute. Ich war noch keine halbe Meile im Solent, da kippte die Strömung. Bis zur Osborne Bay segelte ich ruhig gegen die Strömung und mein Anker fiel nach 1149 Seemeilen in 10 Tagen und 4 Stunden (ohne Motor aber mit unfreiwilliger Angelpause).
Gerade in den letzten bewölkten Tagen durfte ich doch mit meiner zur Verfügung stehenden elektrischen Energie an Bord haushalten. Da ich nur Solar an Bord habe wurde es bei ständiger Bewölkung eng, zumal ich elektrisch auch noch Brot backe und mein Mittag zubereite. Zur Not ist auch Gas an Bord, was ich aber dieses Jahr noch nicht brauchte.

Delphine begleiten
Delphine begleiten mich immer mal wieder
feuchter segeln
Mitunter wurde das Segeln auch etwas feuchter.
Wobei es so besser ist als ständig einzelne Spritzer, welche wegtrocknen, denn dann sieht man dank des zurückbleibenden Salzes bald nichts mehr.

ein Video vom Segeln (46 MB)

Sonnenuntergang auf dem Atlantik
Sonnenuntergang auf dem Atlantik
Auf dem Bild schön zu sehen, wie die Sonne ins Wasser taucht, das Wasser verdampft und darüber Wolken entstehen und mir die nächste Dusche bringen ;-)
Schmetterling-Segeln
Schmetterling-Segeln, wobei ich hier einfach noch freifliegend die Fock gesetzt habe. (Ich war nur zu bequem den Asymmetrischen Spinnaker rauszuholen.)

Nachtrag zwecks Radar und Schlafen (da mich eine Email erreichte): Ja, ich verlasse mich auf Instrumente! Windsteuerung, Windabweichung, Kursalarm, ... alles nette Spielereien, aber als wirklich wichtig sehe ich das Radar. Es hat natürlich seine Grenzen. Man kann nicht sämtliche Regenechos und Wellen ausblenden und dann erwarten, dass der kleine Segler in der Alarmzone noch gemeldet wird. Ich habe in den vergangenen Jahren oft am Tage bei guter Sicht experimentiert und weiß inwieweit man z.B. Regen, Wellen, ... nicht ausblenden sollte. Mir ist das Radar fast schon lieber als die Sicht, denn so sehe ich Segler in der Nacht wenigstens. Segler ohne Licht bzw. mit Funzeln, welche erst wenige hundert Meter vorher zu sehen sind, sind mir bereits öfter begegnet. Einige sind aus Strommangel oder wer weiß warum einfach ohne jedes Licht unterwegs. Oft genug sehe ich ein Radarecho und erst wesentlich später erkenne ich die Lichter (wahrscheinlich billige Funzeln ohne jede Zulassung verbaut, denn sonst sollten sie auf zwei Seemeilen zu erkennen sein). Im Übrigen habe ich nicht nur das kleine Piezo in den Instrumenten für die akustische Alarmmeldung, welches man ggf. übermüdet überhören könnte, sondern eine Sirene. Mitunter glaube ich, dass der Entgegenkommende meine Sirene hören könne und deshalb selbst ausweicht.


Am Ankerplatz bei der Isle of Wight und ein klein wenig Bruch:

Ankerball gebrochen
Am 25.8.2020 zogen 40 kn Wind an meinem Ankerplatz durch und es gab doch noch ein klein wenig Bruch. Mein Ankerball hat den Wind nicht heil überstanden. Natürlich ist alles Mögliche an Ersatzteilen an Bord, nur ein zweiter Ankerball fehlt.
Das Problem ist nicht das Ankern bei 40 kn Wind, aber die Strömung hier im Solent. 4,5 m Tidenhub und ständig veränderter Zug auf den bzw. die Anker. Dazu die Tiden-Strömung von bis zu 1,7 kn am Ankerplatz, mit welcher sich das Boot ausrichtet. Damit fällt der starke Wind dann oft seitlich ein und hat noch mehr Angriffsfläche. All dies erfordert mehr Haltekraft vom Ankergeschirr. (Aktuell habe ich 70 Meter Kette im Wasser bei 2,5 m Wassertiefe bei Ebbe (4,5 m Tidenhub). Aber es hält sicher. Ich muss halt nur rechtzeitig Kette einholen bevor andere Segler nach dem Wind hier in meiner Nähe ankern wollen. Denn mit der Kettenlänge müssen sie nicht rechnen.

Weiter im August:
Für den letzten Tag im Solent wechselte ich dann bei Nordwind doch noch den Ankerplatz. Von der Osborne Bay ging es rüber zur Stokes Bay. Bei der Gelegenheit segelte ich fast den gesamten Solent entlang. Einmal rauf und runter aus Spaß am Segeln.
Am folgenden Tag war ich gerade beim Anker aufholen, da raste ein Schlauchboot auf mich zu. Wer genau es war kann ich nicht sagen, es waren vier Uniformierte welche wohl meine Gastlandflagge bemerkt haben und mal vorbeischauen wollten. Nach einem hallo und meinen Worten, dass ich beim Aufbrechen nach Deutschland bin, waren sie jedoch zufrieden und wünschten guten Wind. Was sie wirklich wollten und ob es wegen Corona war, kann ich nur vermuten. Ich brach auf und segelte bei Nordwind an Englands Küste bis Dover, rüber nach Frankreich und Belgien. Bei NW-Wind weiter an Hollands Küste und letztlich segelte ich zurück nach Deutschland. Auf dieser Strecke wurde das Schlafen zum Problem. Hier ist einfach zu viel Verkehr, dauernd ein Fischer in der Nähe bzw. reichlich Seezeichen wie Untiefentonnen und Verkehrstrennungsgebiete. Hier ist halt nicht der große weite Atlantik! Bis zu zwei Nächten geht es einigermaßen, danach segelte ich dichter an die Küste aus dem Verkehr, Anker runter und ein wenig Schlafpause, ungeschützt im Seegang. Dies ist wie als Baby in der Wiege, nur halt in der Version für Erwachsene. Den Umweg hinter die Inseln wollte ich nicht, da mal wieder reichlich Wind im Anmarsch war, vor welchem ich in Cuxhaven sein möchte.
Nach einer Weile Segeln war dann so gut wie kein Wind mehr. Ich rechnete wann ich an der Elbmündung sein sollte um mit der Flut nach Cuxhaven rein zu kommen. Viel Zeit hatte ich nicht zu vertrödeln, also entschloss ich mich mal kurz den Diesel zu starten. Nur dies klappte nicht. Nach einem kurzen Zucken des Anlassers, gab dieser keinen Ton mehr von sich. Das Nachsehen brachte: Die 130 Ampere Hauptsicherung der Starterbatterie war durchgebrannt (Mir ist bekannt das Anlasser und Sicherung sich schlecht vertragen, aber ungesicherte Leitungen kann ich nun mal gar nicht leiden). Als die neue Sicherung eingebaut war und ich erneut starten wollte, sah ich, dass ich den Rückwärtsgang nicht rausgenommen hatte. Dieser ist drin damit die Welle beim Segeln nicht mitdreht und der Drehflügelpropeller in Segelstellung geht. Der Fehler war meiner, aber dies passierte mir schon öfter ohne Folgen. Rückwärtsgang raus, Motor gestartet, er lief, vorwärts eingekuppelt und der Diesel ging aus??? Oh je, da trieb ich nun. Da möchte man nach Monaten ohne Motor den Diesel mal kurz nutzen und nichts geht. So ungern ich den Diesel nutze, ich werde ihn wohl zumindest beim Anlegen im Hafen brauchen und im engen Elbfahrwasser in Cuxhaven ist es auch nicht schlecht ihn als Reserve zu haben. Ich machte die Welle im Heck frei und versuchte diese von Hand zu drehen. Diese war fest! Na klasse, also tauchen und nach der Schraube sehen, nur es war noch dunkel. Also langsam weiter gesegelt und mit dem ersten Licht, kein Hindernis in der Umgebung, nahm ich die Segel runter und damit die wenige Fahrt aus dem Schiff. Einen Fender an der Schwimmleine hinterm Boot ausgebracht und selbst gut angeleint tauchte ich ‘mitten’ auf der Nordsee. Eine Art Sack mit Henkel hatte sich in der Schraube verfangen. Diesen Schnitt ich mit grober Gewalt von meiner Schraube. Wie dieser sich beim Segeln in der sonst geschützten Schraube verfangen konnte? Ich würde meinen Nachteil Drehflügelpropeller, denn anders als beim Faltpropeller klappt dieser ja nicht weg, sondern die Blätter drehen sich nur in die Strömung und fangen dort ggf. Dreck ein. Trotz allem ein Wahnsinn welch Zufall. Wieder an Deck startete der Motor und lief auch mit Schraube, nur brauchte ich ihn jetzt nicht mehr.
Ich erwischte noch die Flut um in die Elbmündung zu segeln, allerdings kam ich nur noch bis etwa fünf Seemeilen vor den Hafen, als die Strömung kippte. Hier durfte der Diesel dann die Segel unterstützen und gegen die noch nicht zu starke Strömung für Fahrt sorgen.
Nach 462 Seemeilen von der Isle of Wight kommend machte ich in Cuxhaven fest.
Nach etwas über zwei Monaten Corona-Segeln, 3067 Seemeilen, ein paar Ankerplätzen, keinem Landgang, keinem Hafen und noch immer randvollem Dieseltank von Cuxhaven nach Cuxhaven betrat ich wieder einen Schwimmsteg. Da schwankte scheinbar nichts. An Land merkte ich aber doch, dass ich auf den Beinen etwas wacklig war.

Mond
Bei Mondlicht ist das Segeln wunderschön, aber mit dem Tauchen wartete ich lieber bis zum Morgen. (Alternative wäre hinter die Inseln ins Watt segeln und Trockenfallen. Link zu 2018 beim Trockenfallen im Watt.)
Drehflügelpropeller
Der rundum gut geschützte Drehflügelpropeller mit Blättern in Segelstellung (im Frühjahr an Land)

weiter im: September 2020