September - Heimfahrt
Am Wochenende in Cuxhaven gab es dann endlich ein Wiedersehen mit Marina an Bord. Es ging in zwei Etappen und einem Ankerstopp jeweils mit der Elbströmung nach Finkenwerder. Dort wurde der Mast gelegt. Ganz ungünstig lagen leider die Tidenzeiten, um mit der Strömung nach Geesthacht zu kommen. Vor dem Aufstehen, noch gar nicht richtig hell, ging es schon los nach Geesthacht. Dort geschleust, lag der Einfluss des Tidenwassers hinter Tongji und es ging auf der Elbe im reinen Süßwasser weiter. Die Elbe sollte bis Dömitz 1,00 m Fahrrinnentiefe haben und soll laut Vorhersage die kommende Woche 45 cm fallen. Nicht wirklich viel Wasser, aber es ging auf die Elbe mit dem Ziel Dömitz. Eine Nacht vor Anker lag Tongji bei Neu Darchau auf der Elbe.
Bilanz dieser Elbefahrt: Zweimal Grundberührung und eine Menge Nerven gelassen. Vor Jahren fuhren wir mit unserer damaligen Sirius 32DS (realer Tiefgang 1,20 m) bei einem Pegel Dömitz von 75 cm (Tauchtiefe 1,11 m) und kamen auch mit Grundberührung gerade so durch (Elbe im Jahr 2009 bei Pegel 75 cm). Jetzt mit der Southerly 115 (im Moment leider 85 cm realer Tiefgang) und einem Pegel Dömitz von 85 cm (Tauchtiefe 1,00 m) gab es ebenfalls Probleme. Zunächst fällt schon mal auf: 10 cm mehr Wasser in Dömitz, aber 11 cm weniger Fahrrinnentiefe im kritischen Abschnitt vor Dömitz. Ein Boot mit 35 cm weniger Tiefgang und trotzdem Grundberührung. Nicht im Elbe-Fahrwasser gewesen zu sein möchte ich ausschließen, denn wir sind die Elbe wahrlich oft genug hoch und runter gefahren und selbst auf gerader Strecke zehn Meter auf der richtigen Seite neben der Tonne gab es dieses Jahr Grundberührung. Für mich wird an diesem Elbabschnitt einfach kaum noch was gemacht. Die Zahlen sagen auch schon Einiges: 10 cm mehr Wasser in Dömitz, aber 11 cm weniger Fahrrinnentiefe angegeben. In diesem Jahr war kein Berufsschiff (abgesehen von den Fähren) auf der Elbe zu sehen. Früher sahen wir regelmäßig Baggerschiffe, in diesem Jahr war kein Bagger und auch kein Messschiff auf der Elbe. Nicht einmal größere Sportboote waren zu sehen. Unterwegs waren nur kleine Flitzer und Schlauchboote. Nun, auch wir werden bei 1,00 m Fahrrinnentiefe nicht mehr den Weg über die Elbe nehmen, denn die Zahlen scheinen nicht zu stimmen bzw. zu alt zu sein. Richtig ist natürlich, dass der Tiefgang des Bootes nicht alles ist. Das Eintauchen ins Wasser bestimmt man selbst auch durchs Gas geben, denn damit sinkt beim Verdränger, welcher in der eigenen Welle gefangen ist, meist das Heck ab (auch Squat Effekt oder Sunk des Schiffes genannt). Viel Gas bedeutet vielleicht etwas schneller, aber gerade in engen Kanälen oder in flachem Wasser auch das Absinken des Bootes. Gerade bei den Fahrseitenwechseln treibt man mit der Strömung elbabwärts schnell aus dem durch Tonnenpaare gekennzeichnetem Wechselbereich. Mehr Gas bedeutet zwar geringere Drift, aber eben auch deutlich mehr Absinken des Bootes, was bei wenig Wasser sich umso stärker bemerkbar macht. (An der Zeit sollte es 2020 nicht gelegen haben. Die rund 80 km auf dem Elbabschnitt Geesthacht bis Dömitz bewältigte Tongji an zwei Tagen mit einem Ankerstopp.)
In Dömitz an der Schleuse begrüßte man uns mit Erstaunen und der Frage, wie Tongji es über die Elbe geschafft hätte. Dänen, Niederländer und vor allem Hamburger sieht man hier seit drei Jahren kaum noch über die Elbe Richtung Mecklenburger Seenplatte fahren. Mich wundert es nicht, denn nicht nur der geringe Elbpegel durch die letzten trockenen Jahre ist daran wohl schuld.



Auf der Müritz-Elde-Wasserstraße ging es dann mit der Tiefe, obwohl diese gefühlt auch schon mal mehr Tiefgang erlaubte. In der Breite wurde die Wasserstraße auf einigen Abschnitten ausgebaut, aber noch immer sind maximal 6 km/h zulässig. Bis zum Abzweig Schwerin war Tongji fast allein unterwegs. Lediglich ein paar kleinere Boote waren zu sehen. Von Plau kommend in Richtung Schwerin kam ein zehn Tonnen Mietboot mit ordentlich Tempo entgegen. In engen Kanälen ist ebenso das Absinken der Boote mit viel Verdrängung ein Problem. Der Sog ist gewaltig. Nicht umsonst gelten auch hier max. 6 km/h. Statt mal Gas beim Begegnen weg zu nehmen, scheint einzig die Zeit zu zählen. Jeder für sich, ohne Rücksicht auf Andere und ohne Rücksicht auf Schäden am Kanal.
Ein wenig kann ich die Ungeduld sogar verstehen, denn z.B. auf dem Abschnitt Dömitz Plau wartet man an 17 Schleusen und zwei Hubbrücken, wobei an der Hubbrücke in Grabow schon wieder die Öffnungszeiten geändert wurden (zeitlich geändert und weniger Öffnungen) und man fährt über 120 km mit 6 km/h. Dazu dann noch Schleusenprobleme, welche in den letzten Jahren leider überall zum Dauerproblem werden. Auf dem Abschnitt Dömitz-Plau in diesem Jahr zum Beispiel:
- Schleuse Findenwirunshier: Betrieb nur noch auf Anforderung wegen defekter Fernüberwachung
- Schleuse Güritz arbeitet nur bis 17.00 Uhr und nicht im Automatikbetrieb, da die Fernüberwachung nicht funktioniert. In einem Land wie Deutschland setzt man einen Schleusenwärter den Sommer über an die Automatikschleuse, da man das Erdkabel nicht repariert bekommt bzw. kein neues Kabel verlegt und die Fernüberwachung per Funk unmöglich zu sein scheint.
- Schleuse Bobzin arbeitet im Wartungsmodus (längere Wartezeit)
- Betriebszeit der Automatikschleuse Barkow (arbeitet aus mir nicht bekanntem Grund nur mit Personal): nur von 14.30 bis 20.00 Uhr und keine sechs Kilometer weiter arbeitet die Schleuse Plau von 9.00 bis 14.00 Uhr (alleine für die paar Kilometer benötigt man somit einen Tag)
- Die Hubbrücke Plau ist bereits Monate wegen eines Lagerschadens außer Betrieb. Voraussichtlich bis kommenden Sommer, da Ersatzteil nicht vorhanden und ein Lager wohl nicht schneller gefertigt werden kann in einem Land wie Deutschland. Für uns zum Glück ist die Brücke oben festgesetzt worden. Fußgänger, welche von Stadtteil zu Stadtteil möchten, ärgern sich sicher über die gesperrte Brücke. Wäre die Brücke unten fest, hätte Tongji den Weg vergessen können und über Elbe-Seiten-Kanal und Berlin oder die Ostsee und Oder nach Neustrelitz dürfen.
All dies waren nur kleinere Einschränkungen, denn wie ich auf elwis.de lesen durfte waren einige Schleusen im August tageweise immer mal wieder ganz zu.
Kurz vor dem Plauer See in der Schleuse Plau erzählt uns der Schleusenmeister von Problemen mit seiner Schleuse aufgrund des niedrigen Wasserstandes auf den folgenden Seen. Alle Seen von der Müritz bis zum Plauer See haben knapp 70 cm Wasser zu wenig. Bei seiner Schleuse kommt die Automatik damit nicht zurecht, denn 70 cm vor Schluss kann noch kein Druckausgleich vorhanden sein und ehe er manuell eingreifen kann, dauert es gut 10 Minuten. Ich meinte, das könne doch nur eine Programmierfrage sein, dies zu ändern. Er darauf in etwa: Hier wird in Jahrzehnten eher eine neue Schleuse gebaut, ehe hier ein Programmierer vorbeikommt. Die fehlenden 70 cm Wasser sah man deutlich auf den folgenden Seen: Plauer See, Malchower See, Fleesensee, Kölpinsee und Müritz. Einige Häfen, Slipanlagen, ... sind mangels Wassertiefe gesperrt.
Die amtliche Tauchtiefe ist von Plau auf den Plauer See auf 1,20 runtergesetzt und auf dem Malchower Recken ebenfalls auf 1,20 m gesetzt. Auf den kleineren Seen hinter Mirow angekommen, lagen die ständig vollen Schleusen Diemitz, Canow und Strasen vor uns. Ausgerechnet an diesen Schleusen wurden die Betriebszeiten eingeschränkt: 9.00 bis 12.00 und 12.30 bis 17.45 Uhr (Früher 7-20 Uhr und dies auch im September). Zur Diemitzer Schleuse fuhren wir zu 8.00 Uhr, um uns eine Stunde vor Öffnung anzustellen und kamen immerhin mit der zweiten Schleuse durch. In Canow warteten wir zu unserem Erstaunen nur bis zur dritten Schleusung. In Strasen allerdings warteten sieben Boote bereits auf dem Pälitzsee, da die schon ausgebaute und jetzt sehr lange Wartestelle nicht für die wartenden Boote ausreichte. Die Boote fuhren Kreise auf dem See bzw. testeten ausgiebig Bug- und Heckstrahlruder, um sich an der Position zu halten. Wir ankerten, bis wir an der Reihe waren, um am letzten Schleusenwarteplatz festzumachen und fortan ständig aufzurücken. Vor dieser Schleuse verbrachten wir den restlichen Tag, bis wir kurz vor Feierabend dann doch noch geschleust wurden. Etliche Boote hinter uns verbrachten die Nacht an der Schleusenwartestelle. Unsere Tagesbilanz: Zwölf Kilometer und drei Schleusen! Gar nicht auszudenken, was hier im Hochsommer los sein mag?
Die Tauchtiefe auf einigen Seedurchfahrten und zur Schleuse Wesenberg war ebenfalls auf 1,30 m runtergesetzt. Von der Woblitz zur Schleuse Voßwinkel gar 0,80 m amtliche Tauchtiefe. Aber auch in diesem Bereich hatten wir keine Probleme mit der Tiefe. Die Probleme begannen erst wieder an der Schleuse Voßwinkel. Diese ist im Automatikbetrieb. Vier Miethütten in der Schleuse vor uns und wir warteten auf die nächste Schleuse, bis die Anlage plötzlich ‘Halt durch Torraumüberwachung’ anzeigte. Da ist doch wieder bei öffnendem Tor und roter Ausfahrtampel eine Hütte durch die Lichtschranke gefahren. Danach schaltet die Schleuse ab. Uns blieb nur der Anruf in der Leitzentrale. Diese bestätigte unseren Verdacht, sie müssen sich einwählen und die Schleuse wieder in Betrieb setzen. Auch der auf 1,00 m Tauchtiefe festgesetzte Kammerkanal bis Neustrelitz machte keine Probleme und wir kamen bis zu unserem Heimathafen nach Neustrelitz. Die Begrüßung war allerdings eher weniger erfreulich. Kaum waren wir beim Festmachen, kam ein uns bisher unbekannter Herr und meinte, dass hier keine Gastlieger mehr festmachen dürfen. Alles ausgebucht! Nun auch dies klärte sich.




weiter im Jahr: 2021